https://twitter.com/dontforgetjames/status/1109431852731899905
»Schwul zu sein ist keine Wahl, die man trifft, sondern eine unwillkürliche Sache die mit einem geschieht, wenn J.K. Rowling entscheidet, dass deine Zeit gekommen ist.«
Alles begann mit J.K.R. …
Oder doch nicht? Nein, vermutlich nicht. Vermutlich begann alles schon viel, viel früher, als queere Identitäten begannen, sich ihren Weg in den Medien-Mainstream zu bahnen. Vielleicht aber auch schon davor, in unserer westlich-christlichen Kultur, die queere Menschen und ihre Geschichte, ihre Kultur und ihre Sexualität seit langer Zeit unsichtbar gemacht, ausradiert, redigiert hat.
Fakt ist, dass Rowling zum Start des neusten Film zur Welt von Harry Potter wieder einmal versuchte, durch die Hintertür ihre eigenen Bücher zu „verbessern“. Verbesserung bedeutet bei Rowling, dass sie Details in die Story einflicht, die ihr progressiv erscheinen, die sie aber der Gewinnmaximierung wegen nicht in den tatsächlichen Filmen und Büchern repräsentieren wollte. Und wie so oft hat sie sich dabei ein marketingwirksames Thema aufgegriffen, das ihr die größtmögliche Kombination aus unreflektierter Verehrung und moralisch-entrüstetem Backlash bringt: die schwule Beziehung zwischen Dumbledore und Grindelwald.
Queerer Sex als Konsumgut und Nervenkitzel
Es ist viel darüber geschrieben worden, dass cis Frauen einen oberflächlichen und oftmals fetischistischen Bezug zu schwuler Homoerotik haben. Und im Partnerartikel zu diesem Beitrag beschreibt Nela sehr ausführlich, warum die Sexualität in queeren Beziehungen fälschlich als vordergründig und „nicht jugendfrei“ stilisiert wird, obwohl sie das bei Weitem nicht ist.
Deshalb möchte ich mich dem Thema von der anderen Seite nähern: Warum wird queere Sexualität überhaupt so in den Vordergrund gestellt? Was sind etwaige Motive? Was unterscheidet queeren Sex von nicht-queerem Sex? Und was wird fälschlicherweise über diesen angenommen oder sogar als Propaganda über diesen verbreitet?
Der Sex der „Anderen“
Queerer Sex ist auch in unserer heutigen Zeit und Kultur als außerhalb der Norm, als wortwörtlich „nicht normal“, gecodet. Aber woher kommt diese Norm, und wie sieht sie aus?
Tatsächlich ist auch nicht-queerer Sex heute deutlich freier, selbstbestimmter und variantenreicher, als diesem früher zugebilligt wurde. Die Vorgabe, welcher Sex als „normal“ und „akzeptabel“ gewertet wurde, kam dabei hauptsächlich aus der christlichen Religion und der ebenso christlichen Gesetzgebung. Diese Regeln wurden zwar von breiten Bevölkerungsschichten nicht eingehalten oder schlicht ignoriert, aber sie waren trotzdem präsent. „Zu viel“ Sexualität war zum Beispiel genauso unerwünscht wie Ehebruch oder Analverkehr, auch zwischen nicht-queeren Partnern.
Aus dieser langen Historie von Reglementierung ist ein künstliches Bild von „normalem“, nicht-queeren Sex hervor gegangen, der den meisten Menschen heute präsent ist. In dieser restriktiven Vorstellung „empfängt“ die cis Frau den Penis des cis Mannes via Vaginalverkehr und befriedigt dabei die Bedürfnisse des Mannes, jegliche andere Art von Akt ist nicht vorgesehen.
Mit dieser Normung und Normalisierung von nicht-queerem Sex wurde also nicht nur ein Gutteil von nicht-queerem Sex, sondern auch queerer Sex und alle Spielarten davon sukzessive in den Raum des „Anderen“, „Verbotenen“ und „Verruchten“ verschoben. Die Wechselwirkung aus Verbot und gesellschaftlicher Ächtung war und ist dabei komplex, und die Verbindung zur vorherrschenden christlichen Religion spielt natürlich auch eine Rolle. Generell war natürlich das verboten, was nicht „natürlich“ war, aber was nicht „natürlich“ war, wurde durch die Bibel festgelegt, die wiederum eine Regelsammlung und damit die Quelle des Verbots war. Letztendlich legitimiert sich ein solches System also in einem logischen Zirkelschluss: Was verboten ist, ist „falsch“, und was „falsch“ ist, muss logischerweise verboten werden.
Auch deshalb leidet queerer Sex noch heute unter dem Stigma, verruchter, schmutziger, andersartiger, perverser zu sein als das nicht-queere Gegenstück. Die Assoziation ist dabei nicht naturgegeben, rational oder begründet, sondern rein historisch.
Einmal moralische Panik in der Tüte
Angesichts dieser rein historischen Einordnung wundert es auch nicht, dass vor allem (ultra)konservative und rechte Bewegungen queeren Sex nach wie vor regelmäßig in Kontext zu Pädophilie, Zoophilie und Polyamorie bringen. Traditionell sind diese im westlichen christlichen Abendland in der selben Ecke, nämlich außerhalb der willkürlichen Norm, angesiedelt. Dass das bei Pädophilie oder Zoophilie logisch begründbar ist (weil keine consentfähigen erwachsenen Menschen beteiligt sind), bei Polyamorie oder queerer Sexualität aber nicht, wird dabei geflissentlich ignoriert.
Entsprechend dieser Einordnung sind rechte und konservative Kräfte auch immer wieder bemüht, auf Basis dieser Zuordnung queere Sexualität als „nicht für Kinder geeignet“ zu definieren. Die Begründung lautet, dass Kinder, solange sie zu jung sind, nicht zwischen „gesunden“ und „normalen“ Verhaltensweisen und „anormalen“ Verhaltensweisen unterscheiden können.
Auch an dieser Stelle begründet sich die Logik wieder mit sich selbst. Queerer Sex wird im Vergleich zu nicht-queerem Sex als gefährlicher, moralisch fragwürdiger stilisiert, sodass Kinder dazu keine Bildung erhalten. Aber weil Kinder keine Bildung dazu erhalten, sondern Scham und Stigma erfahren, wachsen sie in dem Glauben auf, dass queerer Sex tatsächlich nicht „normal“ sein kann. Später sträuben sie sich oft gerade deswegen, ihre eigenen Kinder ausreichend aufzuklären. Und Kinder ohne Bildung über queere Identitäten und queere Sexualität kennen diese nicht und verstecken sie deswegen, auf Basis dessen wird ihnen die Information vorenthalten, weil sie ja „kein natürliches Interesse“ daran zeigen.
Neugier auf das Verbotene
Die andere Seite dieser Medaille ist, dass diese Verbote trotz allem Neugier auslösen. Sie ist aber durch das soziale Stigma mit Scham, Verdrängung und einer Verlagerung hinein in Fetischismus gekennzeichnet. Queere Verhaltensweisen oder gar eine externe Zuordnung zu queeren Menschen wird deshalb vermieden. Stattdessen wird die Andersartigkeit, Skandalträchtigkeit und damit der Nervenkitzel beim Erforschen dieser „fremden“ Sexualität kultiviert. Für nicht-queere Menschen wird der Sex queerer Protagonisten deshalb zum Spektakel. Es ist keine Repräsentation der eigenen Person, es ist der Sex der „Anderen“ . Und ja, ein Othering ist dabei implizit.
Lily und James Potter hatten Sex
Wenn JKR sich also besonders darauf konzentriert, hervor zu heben, dass Grindelwald und Dumbledore eine sexuelle Beziehung hatten, dann ist das Ziel so perfide wie leicht zu erreichen: Sowohl die moralische Panik als auch die fetischistische Wahrnehmung des „anderen“ Sex zu benutzen, um die Nachricht über die Schwelle der absoluten Banalität zu heben.
Man stelle sich eine solche Nachricht oder Aussage, wie Rowling sie wiedergab oder ein Newsartikel sie meldenswürdig befand, einmal in nicht-queeren Dimensionen vor.
Dieses Mal bestätigte Rowling, dass es eine sexuelle Beziehung zwischen James und Lily Potter gab. Sie hatte diese Beziehung zuvor erwähnt, als sie offenbarte, dass Lily heterosexuell war. […] Jetzt wissen wir, dass es eine „sexuelle Dimension“ in der Beziehung zwischen James und Lily gab. Rowling erklärt: „Ihre Beziehung war unglaublich intensiv! Sie war leidenschaftlich, es war eine Liebesbeziehung. […] Ich bin selbst nicht so sehr an der sexuellen Seite der Beziehung interessiert – obwohl ich glaube, dass es eine sexuelle Dimension gab […].“
Wie albern käme uns das vor, und wie redundant? Wir würden von selbst annehmen, dass Lilys und James Beziehung zu einem gewissen Grad intim war, und das nicht nur, weil sie ihren Sohn Harry gezeugt haben. Dennoch reitet dieser Artikel auf einem Fakt herum, als wäre er an sich eine Überraschung. Als wäre queerer Sex an sich eine Sensation, die ausgeschlachtet, gedreht, gewendet, analysiert werden muss.
Queerer Sex und die Auflösung des Patriarchats
Diese Neugier und das Unverständnis zeigen sich dabei auch in den Fragen und Vorstellungen, mit denen queere Menschen regelmäßig konfrontiert werden.
„Wer von euch ist der Mann, und wer ist die Frau?“
Diese Frage, so redundant und doch so aussagekräftig, ist in queeren Kreisen ein Running Gag, dem mit einer Variation von immer gleichen Antworten die Stirn geboten wird. Die Frage drückt sehr gut aus, mit welchen Vorstellungen nicht-queere Menschen queerem Sex begegnen. In einer weitaus tückischeren Version lautet diese Frage auch gehässig: „Und wer von euch liegt unten?“
Hier zeigt sich deutlich, dass der Neugier von nicht-queeren Menschen auf queeren Sex auch eine andere Komponente inne wohnt. Queerer Sex bedroht eine grundlegende, früher explizite, heute implizite Ordnung. Zwischen einer cis Frau und einem cis Mann gab es (und gibt es noch sehr häufig!) eine vorgegebene Hierarchie, die von der christlich-patriarchalischen Welt propagiert wird. Diese Hierarchie beeinflusst unsere Kultur bis heute, auch gegen den Widerstand des Feminismus. Die cis Frau hat sich dabei dem cis Mann und seinen Bedürfnissen unterzuordnen, auch sexuell. Der cis Mann, als Stärkerer, und Penetrierender, übernimmt die aktive Rolle. Der Sex endet mit seinem Orgasmus, und auch nur mit seinem Orgasmus – solange dieser nicht erreicht ist, ist die penetrierte Frau angehalten, mitzumachen und Spaß zumindest vorzutäuschen.
Moderner Sex
Viele werden jetzt protestieren und sagen, dass das vielleicht früher so war, aber jetzt nicht mehr der Fall ist. Und doch schleicht sich die Normalität dieser Vorstellung nicht nur in nicht-queere Beziehungen, sondern auch sehr häufig in die Betrachtung von queerem Sex. Die Frage, wie zwei cis Lesben Sex haben, wenn es gar keinen Penis zur Penetration gibt, so, als wäre das zwingend nötig. Die Frage, ob Sex zwischen einer cis Lesbe und einer trans* femininen Person nicht heterosexuell ist, weil zwingend davon ausgegangen wird, dass eine Penetration der Vagina durch einen Penis stattfindet. Die Vorstellung, dass der penetrierte Part in einer homosexuellen Beziehung der feminine Part ist, und dass es diesen femininen Part überhaupt gibt, und dass er untergeordnet sein muss.
Ohne die grundlegenden Rahmenbedingungen sind nicht-queere Menschen entweder ratlos, wie queerer Sex funktionieren kann, oder sie projezieren ihre eigenen Vorstellungen davon hinein.
Die Auflösung der Rollen
Dieses Unverständnis dient weiter dazu, queeren Sex wiederum als anziehend und gleichzeitig skandalös für nicht-queere Menschen zu positionieren. Eine Umkehr oder ein Fehlen einer cisheterosexuell normierten Hierarchie ist gleichzeitig aufregend und immer noch gegen die Vorstellung der herrschenden Kultur. Und da sie die Berechtigung und Notwendigkeit dieses Konstrukts in Frage stellt, ist sie gleichzeitig gefährlich für konservative und rechte Bewegungen.
„Ansteckende“ Queerness
Weil Queerness und queerer Sex eine patriarchale Hierarchie schon allein durch die Existenz angreifen, werden sie deshalb auch häufig als entweder „aggressiv“ oder „ansteckend“ dargestellt. Eine queere Beziehung genauso wie queerer Sex existieren nicht einfach nur für sich selbst, wenn es nach queerfeindlichen Menschen geht. Aus diesem Gefühl des Angriffs heraus wachsen Tropes wie die „Psycho Lesbian“ und „Depraved Homosexual“ – eine Darstellung von queeren Menschen als Angreifer, deren Waffe ihre „aggressive“ Sexualität ist.
Eine Stufe darunter ist die bereits erwähnte „ansteckende“ Queerness – auch hier reicht die Existenz von queerer Sexualität bereits aus, um als „falsches positives Beispiel“ zu vermitteln, „es wäre cool, queer zu sein“. Diese Geschmacksrichtung moralische Entrüstung geht davon aus, dass es ausreicht, Queerness wahrzunehmen, um sie nachahmen zu wollen.
Abstinence only
Ironischerweise lässt sich auch hier die Brücke zwischen nicht-queerer und queerer Sexualität schnell finden, und zwar im amerikanischen Konzept der „Abstinence Only“-Sexualerziehung. Diese postuliert, dass allein die Vermittlung von Wissen zu Sex, also die Wahrnehmung von Sexualität, schädlich ist und Kinder dazu verleitet, Sex haben zu wollen. Im Umkehrschluss ist das Ziel von „Abstinence Only“-Sexualerziehung, dass Kinder jegliche Sexualität vermeiden, bis sie eine nicht-queere Ehe eingegangen sind.
Die Folgen sind, genauso wie bei der Vermeidung von queerer Sexualerziehung, absehbar – Jugendliche haben nicht weniger, aber dafür gefährlicheren Sex, sie werden häufiger ungeplant schwanger. Sie glauben viele Mythen und Falschinformationen über die Funktion ihrer Genitalien, die Genitalien ihrer Partner, Fruchtbarkeit und Fortpflanzung. Zudem sind sie seltener in der Lage, Wünsche und Bedürfnisse adäquat auszudrücken.
Übertragen wir diesen Effekt auf das Wissen um und das Verständnis von queerer Sexualität, kann man den Schaden nicht nur für queere, sondern auch für nicht-queere Menschen direkt abzeichnen. Unwissen, Mythen, Angst, Verdrängung, und dadurch ausgelöst Unverständnis, Diskriminierung bis hin zu Hass sind das Ergebnis, wenn queere Sexualität tabuisiert oder geothert wird.
Was ist queerer Sex?
Wie man sieht täte die Welt sehr gut daran, alte Mythen und Vorstellungen von queeren Sex zu überdenken, wenn nicht insgesamt über Bord zu werfen.
Was aber ist queerer Sex nun? Oder, um, es zurück zu der gehässigen Frage zu übertragen:
Wer liegt nun oben, und wer unten?
Es ist schwierig, eine allgemeingültige Aussage darüber zu treffen, wie queerer Sex sich nun gestaltet. Er ist weder schmutziger noch sauberer als nicht-queerer Sex. Er ist genauso verrucht, langweilig, spannend, öde, romantisch, heftig, gefühlvoll, unbefriedigend und und und wie nicht-queerer Sex. Es gibt nichts Skandalöses, Herausstechendes daran, dass eine Anzahl erwachsener, consentfähiger Menschen sexuelle Befriedigung oder Nähe suchen.
Wenn es also um die schriftstellerische Seite dieses ganzen Themenkomplexes geht, dann sollte man queere Paare und ihre Sexualität nicht auf ein gesondertes Podest stellen. Weder gibt es wahre Liebe nur zwischen Männern, noch fehlt cis Lesben beim Sex in Wahrheit zwingend ein Penis. Am Ende ist jede queere Beziehung genau so individuell, problemlos und problembehaftet, wie nicht-queere Beziehungen. Und das gilt auch für das Sexualleben.
Genitaltetris
Im Durchschnitt ist queere Sexualität allerdings definitiv eins: Befriedigender. Die sogenannte Orgasm Gap ist bei queeren Paaren deutlich niedriger. Gerade, weil es keinen vorgegebenen Weg gibt, ein Teil A in ein Teil B zu stecken, ist der Wille und die Freiheit, einen eigenen Weg, eine eigene Dynamik, eigene Vorlieben zu erkunden, viel näher.
Auch das machen nicht-queere Autoren oft falsch, wenn sie versuchen, queere Beziehungen zu beschreiben. Anstatt, dass sie Wege finden, mit denen ein queeres Paar den Sex mit wie auch immer gearteten Genitalien genießen könnte, versuchen Sie, ein Teil Z zu finden, dass ein Teil A sein kann, oder ein Teil Y zu einem Teil B zu machen, oder einfach Teil A wieder in Teil B zu stecken, wenn Y und Z eigentlich eine logischere Wahl währen.
Überproportional viele nicht-queere Frauen schreiben in ihren Gay Romance-Romanen von Analsex, der in ihrer Fantasie wie Vaginalsex funktioniert. Der letzte Roman mit einem trans* Mann als Charakter, dessen Zusammenfassung ich las, enthüllte mir, dass die Narration großen Wert darauf legt, dem trans* Mann eine funktionale Phalloplastie zu geben. Warum? Damit er mit der Protagonistin den einzigen Sex haben konnte, den die nicht-queere Frau sich ausdenken konnte: penetrativer Vaginalverkehr.
Solltet ihr über queere Sexualität schreiben wollen, tut ihr deshalb nicht nur gut daran, sie nicht über- oder unterzubewerten, sondern auch, sie zu recherchieren. Nichts ist peinlicher, als das eigene Unwissen durch mangelnde Recherche und vorgefasste Vorurteile zu zeigen.
Beziehungsdynamik
Genauso solltet ihr euch von der Vorstellung verabschieden, dass queere Beziehungen die Dynamik nicht-queerer Beziehungen zwingend nachbilden.
Im deutlich sexistischen Japan, in dem Geschlechterrollen immer noch fest zementiert sind, hat beispielsweise die Uke-Seme-Dynamik ihren Anfang genommen. Diese bildet schwule Beziehungen als Interaktion zwischen einen submissiven weiblichen und einem dominanten männlichen Schwulen ab. Das Konzept ist so nicht-queer, wie ein queeres Konzept nur sein kann, und repräsentiert außerhalb der Literatur nur einen geringen Bruchteil von schwulen Beziehungen. Warum ist diese Dynamik dann so der Renner? Natürlich: weil er das nicht-queere Verständnis von queeren Beziehungen abbildet. Was daran falsch ist, brauche ich nicht zu erklären, oder?
Auch die Vorstellungen von Ehe, Partnerschaft und vielen weiteren Themen sind für queere Beziehungen anders als für nicht-queere Beziehungen. Jungfräulichkeit beispielsweise verliert komplett an Bedeutung, wenn keine der beteiligten Personen schwanger werden können oder ihre Fruchtbarkeit nicht patriarchalisch kontrolliert wird.
All diese Vorstellungen wirken sich in Summe auch darauf aus, wie, unter welchen Umständen, mit welchem Enthusiasmus queere Sexualität stattfindet.
Queerer Sex ist anders, aber queere Menschen sind keine „Anderen“
Queerer Sex ist „normal“, genau so normal wie jeder andere Sex zwischen consentfähigen Erwachsenen. Es ist Zeit, dass die nicht-queere Welt das verinnerlicht, egal ob sie gerade mit Enthusiasmus oder Ekel, mit endlosen selbst geschriebenen Sex-Epen oder Anti-Aufklärungskampagnen auf queeren Sex reagiert. Nichts von Beidem ist notwendig oder gerechtfertigt.
Wir brauchen keine Menschen wie J.K. Rowling oder die Presse, die etwas Normales, zu Erwartendes wie schwulen Sex in die Sphären eines Skandals oder einer Neuigkeit erheben. Wir brauchen Menschen, die die Realität unserer völlig normalen Sexualität in ihren Alltag integrieren. Die ihre Vorurteile reflektieren und abbauen, um am Ende mit einem gelassenen Achselzucken reagieren zu können.
„Klar, Dumbledore und Grindelwald hatten wohl Sex. Warum auch nicht?
Ich hab jedenfalls Hunger. Was essen wir zu Mittag?“