Achtung, dieses Review zu Die Arena enthält einen Spoiler über das Ende des Romans!
Wieder einmal konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, mir ein neues Werk von Stephen King zuzulegen. Kings Bücher und ich haben eine lange Beziehung, die bis zu einem Alter von 13 Jahren und dem Buch „Das Mädchen“ (The Girl who loved Tom Gordon) zurück geht, deshalb sind Kings Hauptmotive, Charaktere und Finten im Erzählen mir doch relativ geläufig.
Die letzten Werke von King schienen eher repetiv zu sein. Ich erinnere mich, wie gelangweilt ich aufgeseufzt hab, als ich die Story von „Wahn“ las. Ein Mann, der einen Unfall hat? Moment, dieses Motiv hatten wir ja nur gefühlte drei dutzend Mal! Gräbt King jetzt nur noch seine persönlichen Dramen aus?
Aufgeheitert hat mich dann „Love“ (Liseys Story), denn es hat mich erstmals seit langem wieder gefesselt. Daher rührte dann auch meine „Okay, ich versuchs wieder mit King“-Haltung, und die hat sich bei „Die Arena“ ausgezahlt.
Die Geschichte in Kürze
Chesters Mill ist eine normale, amerikanische Kleinstadt. Und in jeder Kleinstadt haben es die Zugezogenen am schwersten, sich einzufügen. Das gilt auch für Dale Babara, vormals Grillkoch im „Sweetbriar Rose“, einem der Restaurants von Chesters Mill, nun auf dem Weg aus der Stadt, nachdem er sich einigen Ärger mit dem Sohn des Stadtverordneten und dessen Freunden eingehandelt hat.
Doch kurz bevor er die Grenze der Kleinstadt überschreitet, wird diese plötzlich abgeriegelt. Eine unsichtbare, aber dennoch fast undurchdringliche Barriere senkt sich über Chesters Mill und schließt deren Bewohner ein. Und damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Leser von „Needful Things“ oder Kenner des Gefängnisexperiments, bei dem normale Menschen in Wärter und Häftlinge unterteilt wurden, kann sich denken, was aus einer solchen Abschottung allzu schnell resultiert: Machtkämpfe, Chaos und der Kampf um die schwindenden Ressourcen der Stadt. Und jeder der Bewohner hat sein eigenes, schmutziges Geheimnis, das nicht ans Licht kommen darf.
Wie so oft bei Stephen King gibt es nicht nur ein oder zwei, sondern mehr als zehn wesentliche Hauptcharaktere. King schafft es, den Kleinstadtbewohnern eine eigene Geschichte auf den Leib zu schneidern und ihre Abhängigkeiten, Freundschaften und kleinen Streitereien detailiert zu porträtieren. Schade ist, dass im Gegensatz zu anderen Werken wie beispielsweise Needful Things die Zuordnung der Charaktere über deren Namen diesmal wesentlich schwerer fällt und man länger braucht, um sich in Chesters Mill zurechtzufinden. erst mit der Zeit lernt man, die Figuren einzuordnen und aus den Dialogen zu entnehmen, wer mit wem in welchem Kontakt steht.
Gute Helden und böse Bösewichte
Typisch für King, aber fast ein wenig überklischeehaft, ist die Verteilung der Rollen in Gut und Böse ausgefallen, die in Needful Things noch ausgewogener war. Dort waren die beiden wesentlichen Hauptpersonen ebenfalls Handlanger des Bösen und konnten sich nur mit Mut und Glück befreien. In „Under the Dome“ jedoch sind die Rollen von vornherein verteilt und die Bösartigkeit bestimmter Charaktere wirkt teilweise etwas maskenhaft. Sehr gut gelungen sind diesmal auf jeden Fall die Nebencharaktere, die liebenswürdige Seiten zeigen, die man zunächst nicht vermutet. Dale Babara als Hauptfigur hingegen hat zwar eine interessante Vergangenheit, aber sein Charakter wird nie dermaßen vertieft, dass man das Gefühl hat, ihm wirklich nahe zu sein. Hängt das mit seiner militärischen Vergangenheit zusammen, durch die er es vermeidet, zu viele Gefühle nach draußen zu tragen? Möglich.
Was die Spannung angeht, so schildert King selbst, dass er ein Buch schreiben wollte, bei dem das Gaspedal immer durchgetreten bleibt. Das gelingt ihm weitesgehend, nachdem die Handlung erst ins Rollen gekommen ist. Zu bemängeln ist eher der Einstieg in das Geschehen, der relativ schleppend abläuft. Das ungläubige Staunen über die Barriere und das langsame Begreifen, dass man völlig eingeschlossen ist, laufen langsam an und ziehen sich. Das Ende wiederum scheint zu schnell herunter gehaspelt und hat zwar einen typisch king’schen tieferen Sinn, der schlägt aber diesmal nicht wirklich ein.
Under the dome ist apokalyptischer und sciencefiction-orientierter als andere Werke von King
Dafür schreitet die Handlung aber auch schneller voran. Die Ereignisse bestechen eher durch ihre Unausweichlichkeit denn durch die Versuche der Hauptperson, das Geheimnis um die Kuppel zu lüften. Letztendlich ist es die Geliebte des Hauptprotagonisten, die mehr oder minder durch simple Bettelei um Gnade das schreckliche Ende abwendet. Warum sie nicht vorher auf diese Idee kam, bevor die Hälfte der unversehrt entkommenen still und ohne viel Aufhebens das Zeitliche segnet, bleibt schleierhaft. An diesem Punkt wirkt die Handlung auch ein Stück weit zu konstruiert.
Abschrecken wird manche die Dicke des Werks. Mit 1300 Seiten ist Under the dome unter den zehn längsten Büchern von King, man vermisst aber die zeitliche Vielschichtigkeit, die „ES“ oder „Dreamcatcher“ auf ähnlicher Länge liefern. Suchtfaktor hat das Buch durch die ständig unterschwellig vorherrschende Bedrohung, die Kings Spezialität ist, aber auf jeden Fall, und man findet sich praktisch unfähig, die Geschichte kurz vor dem Ende wegzulegen.
Fazit
Schlussendlich ist Under the Dome für Nicht-Kingfans eine interessante Geschichte über die Abgründe der menschlichen Seele, wie sie zwar schon ähnlich existiert, aber hier mit großem Personal und einer Fülle von interessanten Nebencharakteren erzählt wird und selten bei ihrer rasanten Fahrt in den Abgrund bremst. King-Fans werden Under the Domne als ein solides, aber nicht als Kings großartiges Werk sehen.